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Demenz hat ein Geschlecht: Neues Forschungsprojekt beleuchtet Unterschiede in der Pflege bei Frauen und Männern
Frauen sind nicht nur häufiger von Demenz betroffen als Männer, sondern erleben auch andere Krankheitsverläufe und gehen anders mit der Diagnose um. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede wirken sich direkt auf den Alltag und die Pflege aus. Hier setzt das Forschungsprojekt „ParGenDA“ an, das von der Universität Witten/Herdecke (UW/H) gemeinsam mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V. Selbsthilfe Demenz (DAlzG) durchgeführt wird. Ziel ist es, den tatsächlichen Unterstützungsbedarf von Betroffenen und Pflegenden zu ermitteln. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt.
Forschung, die bei den Menschen ansetzt
Über einen Zeitraum von 18 Monaten erarbeiten Pflegewissenschaftler:innen der Universität Witten gemeinsam mit Menschen mit Demenz, pflegenden Angehörigen, deren Interessenvertretungen und Fachleuten zentrale Fragestellungen zu geschlechtsspezifischen Unterschieden, die bislang in Forschung und Versorgung wenig Beachtung fanden. Im Projektverlauf beantworten die Teilnehmenden einen Fragebogen, der Themen wie alltägliche Belastungen sowie emotionale und soziale Auswirkungen von Demenz abdeckt. Die Antworten werden mit bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen verglichen. In einem abschließenden Workshop erstellen die Beteiligten eine Liste der zehn wichtigsten offenen Fragen zur gendersensiblen psychosozialen Unterstützung.
„Gendersensible Medizin als Stichwort und die Frage nach genderspezifischen Therapien sind inzwischen im Bewusstsein von Gesellschaft und Wissenschaft angekommen“, erklärt Prof. Dr. Margareta Halek von der UW/H. „Weniger klar ist der Bezug zur Pflege von Menschen mit Demenz: Es gibt Hinweise, dass Frauen häufiger depressive oder wahrnehmungsverändernde Symptome zeigen, Männer dagegen eher starke Unruhe.“
Auch die Pflege selbst stelle je nach Geschlecht unterschiedliche Anforderungen, so Halek weiter: „Meist übernehmen Frauen die Pflege von Menschen mit Demenz – als Ehefrauen, Töchter oder Schwiegertöchter. Psychosoziale Angebote sind entsprechend stärker auf Frauen ausgerichtet, während Männer als pflegende Angehörige wenig sichtbar sind. In der Pflegeforschung werden all diese Geschlechterdifferenzen bislang nicht hinreichend untersucht oder in Neuentwicklungen einbezogen. Entsprechend fehlen gendersensible Vorschläge für die Pflegepraxis.“
Agenda für Forschung und eine zielgenaue Gesundheitspolitik
Die im Projekt „ParGenDA“ erarbeiteten Forschungsfragen sollen gezielt in zukünftige Studien, Fördermaßnahmen und gesundheitspolitische Konzepte einfließen, um bestehende Versorgungslücken zu schließen. Langfristig trägt das Projekt dazu bei, geschlechtersensible Perspektiven in der Versorgung von Menschen mit Demenz stärker zu berücksichtigen – etwa durch Anpassungen in der Aus- und Weiterbildung von Gesundheitsfachkräften oder durch die Entwicklung neuer psychosozialer Unterstützungsangebote.
„Wir brauchen eine Forschung, die nah an der Lebensrealität von Betroffenen ist“, sagt Saskia Weiß, Geschäftsführerin der DAlzG. „Nur wer die richtigen Fragen stellt, kann auch die richtigen Antworten finden – und die Versorgung so optimieren, dass sie den Menschen wirklich hilft.“
Weitere Informationen: ParGenDA ist die Abkürzung für „Partnership zu geschlechtersensiblen psychosozialen Interventionen für Menschen mit Demenz und ihre pflegenden Angehörigen“. Das auf 18 Monate angelegte Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert und von der Universität Witten/Herdecke koordiniert. Projektpartner ist die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. Selbsthilfe Demenz. Eine Steuerungsgruppe aus Menschen mit Demenz, pflegenden Angehörigen, Fachkräften aus Pflege und Medizin sowie deren Interessenvertretungen begleitet den gesamten Prozess – von der Frageentwicklung bis zur Priorisierung.
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